Ars ante portas?
Skeptische Erwägungen zur Kunstvermittlung in der Kirche
von Andreas Mertin
aus: Kunst und Kirche 3/91, S. 190-194.
Ästhetische Aufbruchsstimmung allerorten: nicht nur in Kultur und Alltagswelt boomt die Warenästhetik und das Design, die Inszenierung und der gelungene Effekt, die sensible Wahrnehmung und die Faszination des Schönen; auch in der nüchternen Wissenschaft rumort es. Aus der Philosophie wird vermeldet, daß die Denker, die 'an der Zeit' seien, ästhetische Denker sind. Selbst in der Theologie läßt sich die Bewegung zum Ästhetischen feststellen: ist bei der neutestamentlichen Gleichnisforschung die Besinnung auf die Ergebnisse ästhetischer Theoriebildung schon länger angesagt, so wird nun auch in der Praktischen Theologie nach ästhetischen Modellen geforscht, Homiletiker setzen auf Kunstwerke in der Predigt und systematische Theologen sprechen bereits von einem ästhetischen Jahrzehnt: die protestantische Anästhetisierung der Welt sei an ihre Grenze gekommen, das nachprotestantische Zeitalter breche an. So kann also von einer besonderen Aktualität ästhetischen Denkens in Wissenschaft und Gesellschaft ausgegangen werden. Auch in den beiden großen Kirchen wird verstärkt auf Ästhetik und bildende Kunst gesetzt: Vom gelungenen Einstand "Zeichen des Glaubens - Geist der Avantgarde" (Berlin 1980), über "Bilder sind nicht verboten" (Düsseldorf 1982) bis zu "GegenwartEwigkeit" (Berlin 1990) auf den Katholikentagen, von den Ausstellungen "Abendmahl" (1982) über "Die andere Eva" (1985) bis zu "Ecce homo" (1987) des Marburger Instituts für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart, von der Frankfurter Ausstellung "Menschenbild - Christusbild" (1984) bis zur Kölner Kunststation Sankt Peter von Friedhelm Mennekes, überall scheinen sich die Kirchen mit Ausstellungen unter religiöser Flagge anzufreunden. Das Problem der leerstehenden Citykirchen wurde z.T. mit der Öffnung für Kulturveranstaltungen angegangen, einige wurden auch zu ständigen Kultur- und Ausstellungsorten. Nach den Evangelischen Akademien hat auch der Evangelische Kirchentag die Kultur entdeckt und ihr einen eigenen Themenbereich eingeräumt. Darüber hinaus wären zahlreiche weitere Einzelaktivitäten zu nennen, welche versuchen, Kunst und Kirche in Beziehung zu bringen, den oft beschworenen und beklagten Graben zwischen ihnen zu überbrücken. Korrespondierend finden wir auch in den Künsten die verstärkte Tendenz, sich mit religiösen Themen auseinanderzusetzen, die Verhältnisbestimmung von Kunst und Religion scheint auch für Künstler eine Herausforderung darzustellen.
Trotz all dieser positiven Anzeichen stellen sich dem kritischen Betrachter zahlreiche Fragen. So überrascht letztlich nicht, daß Wieland Schmied, der für die beiden Ausstellungen "Zeichen des Glaubens - Geist der Avantgarde" und "GegenwartEwigkeit" verantwortlich war, betont, daß sich in den letzten Jahren das Verhältnis von Kunst und Kirche nicht verbessert habe. Wenn aber die ästhetischen Vermittlungsbemühungen des letzten Jahrzehnts keine Früchte getragen haben, was kann dann realistisch betrachtet Kunstvermittlung in den und in die Kirchen heißen? Was können die Kirchen zur Kunstvermittlung beitragen? Worauf sollten die Schwerpunkte kirchlichen Kunstengagements liegen, worauf wäre zu achten? Und grundsätzlich: sollten die Kirchen überhaupt Kunst vermitteln oder ist die zentrale Kulturleistung der Kirchen die Evangelisation, wie Papst Pius XI. meinte? Was tun wir eigentlich, wenn wir uns mit Kunst und Ästhetik beschäftigen? Folgen wir nur einer Mode, dem Zeitgeist oder besinnen wir uns auf notwendige Grundlagen der Religion? Und welche Not wenden sie?
Die folgenden skeptischen Erwägungen zu Möglichkeit und Grenzen der Kunstvermittlung in der Kirche orientieren sich an zwei repräsentativen Befragungen, die das Bielefelder EMNID-Institut 1977 und 1986 über das Kunstinteresse, das Kunstkaufinteresse und den Kunstbesitz der Bevölkerung durchgeführt hat.[1] Danach geben einige Fakten langfristig zu Sorgen Anlaß: das ist zum einen das verbreitete Desinteresse der Bevölkerung, zum anderen der schichtenspezifische Charakter der Kunst, zum dritten - damit zusammenhängend, aber eigens zu bedenken - das Kulturdilemma der Kirchen und schließlich die Dialektik in der gesellschaftlichen Wahrnehmung der bildenden Kunst in den letzten 15 Jahren.
Verbreitetes Desinteresse gegenüber bildender Kunst
Insgesamt zeigt weit mehr als die Hälfte, 1986 sogar 2/3 der Bevölkerung kein Interesse für bildende Kunst, egal ob es sich um Gemälde, Skulpturen oder Grafiken, um moderne oder traditionelle Werke handelt. Rund vier Fünftel der Befragten besitzt keine Kunstwerke gleich welcher Art, ungefähr dieselbe Zahl zeigt keine Bereitschaft, mehr als 500 DM (1977: 300 DM) für Kunstwerke zu investieren.
Während sich beim Kunstkaufinteresse oder beim Kunstbesitz zwischen 1977 und 1986 nur minimale Veränderungen zeigen, ist die Entwicklung des Kunstinteresses im gleichen Zeitraum allerdings auffallend: während sich 1977 immerhin noch 43% der Bevölkerung für Kunst interessieren, sind es 1986 nur noch 34%, das Kunstinteresse hat also allgemein innerhalb von 9 Jahren um 9%-Punkte, d.h. umgerechnet rund 20% nachgelassen. Und das, obwohl doch alle Indizien in eine andere Richtung zu deuten scheinen, wie etwa der florierende Ausstellungsbetrieb mit immer höheren Besucherzahlen und der Museumsboom. Was die dem nachlassenden Kunstinteresse entgegenstehende Steigerung der Besucherzahlen der Museen betrifft, so haben wir entweder mit "unwahrscheinlichen Museumsbesuchern" zu rechnen, also solchen, die ins Museum gehen, obwohl sie sich nicht für Kunst interessieren, für die vielmehr "Museum" eine andere Spielart von Unterhaltung ist, oder die kleiner werdende Gruppe der Kunstinteressierten besucht infolge der allgemein gestiegenen Mobilität häufiger als früher Museen.[2] Geht man davon aus, daß die Beschäftigung mit Kunst immer auch kulturelle Kompetenz, d.h. die Bereitschaft voraussetzt, sich in Museen und Galerien mit ihr auseinanderzusetzen, so würde die Schere zwischen Kunstinteressierten und nicht Kunstinteressierten immer weiter auseinanderklaffen. Trifft die letztere Vermutung zu, dürfte jene Gruppe von weit über 50% der Bevölkerung, die kein Interesse an bildender Kunst signalisiert, nicht einfach für diese zu gewinnen sein; umgekehrt käme als Ansprechpartner für Kunstexperimente der Kirchen potentiell allenfalls oder immerhin ein Drittel der Bevölkerung in Frage. Aber wie setzt sich dieses Drittel zusammen?
Schichtenspezifischer Charakter der Kunst
Nach bisher vorliegenden Untersuchungen, die sich z.T. an Pierre Bourdieus soziokulturellen Studien[3] in Frankreich orientieren[4], war zu erwarten, daß das Kunstinteresse vor allem durch das kulturelle Kapital (also Bildung und soziale Herkunft) und das ökonomische Kapital (also Einkommen und Beruf) determiniert wird. Mit Einschränkungen findet sich diese Erwartung in den EMNID-Befragungen bestätigt.[5] Vor allem die Bildung bestimmt das Kunstinteresse: 65% der Befragten mit Abitur/Universitätsausbildung zeigen positives Interesse, 44% derer mit mittlerer Reife, aber nur 22% von denen, die die Volksschule besucht haben. Damit zeigt das Bildungsniveau Abitur/Universität dreimal so viel Interesse wie die untere Bildungsschicht. Fortgesetzt wird diese Differenz bei den Berufen bzw. Berufsschichten. So zeigen 1986 die leitenden Angestellten und Beamten (56%) zusammen mit den Selbständigen und Freiberuflichen (53%) deutlich überdurchschnittliches Kunstinteresse, während die Facharbeiter (21%) und die sonstigen Arbeiter (11%) das untere Ende der Skala bilden. Weiterhin läßt sich auch ein typischer Stadt-Land-Gegensatz feststellen: Landbevölkerung und Bewohner von kleineren Städten zeigen mit 26% (gegenüber 39% der Stadtbevölkerung) nur unterdurchschnittliches Interesse. Zu den Gruppen mit geringem Interesse für bildende Kunst gehören noch die Hausfrauen mit 26%[6]. Aus dem Vorstehenden ist zu schließen, daß ein verstärktes Kunstengagement der Kirchen eher bei den "Privilegierten" der Gesellschaft auf Interesse und Resonanz stoßen dürfte, während bei den unteren Bevölkerungsschichten vor allem verunsicherte und abwehrende Reaktionen zu erwarten sind.
Dem schichtenspezifischen Kunstinteresse korrespondieren spezifische Wahrnehmungs- und Aneignungsformen von Kunst.[7] Sie können - stark vereinfacht - so beschrieben werden: Der herrschende Geschmack ist vom Willen zur Distinktion, zur Abgrenzung, zur Erhaltung der "feinen Unterschiede" geprägt. Kunst wird als Mittel begriffen, Identität auszubilden und Geschmack zu demonstrieren. Dieser Wille setzt die Bereitschaft frei, noch das Fremdeste und Ungewöhnlichste in der Kunst als solche zu akzeptieren. Die differenzerzeugende Kraft der herrschenden Ästhetik mit ihrem Bekenntnis zur Form reagiert damit auch auf die funktional bestimmte Aneignungsform der Künste der anderen Klassen. Die bildungsbeflissenen mittleren Klassen verstehen den Umgang mit Kunst als Aneignung von Kulturgütern, als Erwerb von kulturellem Kapital, durch das sie am herrschenden Geschmack partizipieren können. Dabei orientieren sie sich an anerkannten und durchgesetzten Werten, bekannten Künstlernamen und Kunstrichtungen, die mit ihren bürgerlichen Idealen koinzidieren (oder deren Spitzen gegen das Bürgertum mit der Zeit abgeschliffen wurden) und die geordnete Welt nicht aus den Fugen geraten lassen. Die unteren Klassen nehmen Kunst im wesentlichen funktional wahr. Für sie ist Kunst automatisch mit einer bestimmten Form von Nützlichkeit, mit kontextueller Einbindung verknüpft. Soweit es sich auf bildende Kunst bezieht, dominieren zunächst zu Stereotypen erstarrte Werke, vor allem aber an Abbildlichkeit gebundene Objekte.
Ihre Dynamik gewinnt diese Situation durch die Tatsache, daß innerhalb der Kirchen vor allem die zweite Gruppe, die mittleren Klassen die ästhetischen Werte bestimmen, d.h. das neben dem traditionell starken Interesse an Illustration religiösen Gedankenguts, bildende Kunst vor allem als anzueignendes Kulturgut thematisiert wird. Von der Kerngemeinde wird das ästhetische Experiment, die "kühne Metapher" im Bereich der bildenden Kunst, das Fremde, Verstörende und Ungewohnte eher abgelehnt werden. Sie orientiert ihr ästhetisches Wertesystem eher an anerkannten Bildern; so wird auch der in Konflikten zwischen Kunst und Kirche regelmäßig erfolgende Verweis auf Marc Chagall verständlich.[8]
Kulturdilemma der Kirchen
Konfessionell betrachtet zeigen sich 1986 Katholiken wie Protestanten gleich stark kunstinteressiert.[9] 1977 allerdings waren, verglichen mit dem allgemeinen Bevölkerungsschnitt von 43%, die Protestanten mit 47% überdurchschnittlich, die Katholiken mit 37% unterdurchschnittlich interessiert. Nach 1977 ging das Interesse der Protestanten um 15%-Punkte, d.h. umgerechnet um 32% zurück. Dieser schon dramatische Verfall des Kunstinteresses ist kaum mit der gesteigerten Mobilität, dem Zeitgeistgefühl der Protestanten zu erklären. Den Ursachen kommen wir näher, wenn wir die konfessionell Nichtorganisierten betrachten. Ihr Kunstinteresse ist schon 1977 überdurchschnittlich hoch, es steigert sich bis 1986 gegen den allgemeinen Trend um 6%-Punkte auf 54%. Aus anderen soziologischen Untersuchungen wissen wir, daß sich die Konfessionslosen zu 86% aus ehemaligen Kirchenmitgliedern zusammensetzen, und vor allem aus jüngeren Menschen mit gutem Einkommen, qualifizierter Ausbildung, hohem politischen Interesse und einer deutlichen Neigung zu den Grünen bestehen.[10] Nun könnte diese Beschreibung zugleich eine Charakterisierung der kulturell Interessierten darstellen. Am stärksten kunstinteressiert waren 1986 Befragte mit qualifizierter Ausbildung (65%), guter beruflicher Stellung (47-56%), der Parteienpräferenz "Grüne" (65%) und politischem Interesse (42%). M.a.W. gerade die, die sich für bildende Kunst interessieren, zeigen eine verstärkte Tendenz, die Kirche zu verlassen. Analog zum "Bildungsdilemma"[11] kann deshalb von einem "Kulturdilemma" der Kirchen gesprochen werden. Die Beschäftigung mit moderner Kunst produziert eine Haltung, zu deren Selbstverständnis die kritische Distanzierung von der Kirche gehört. Sie erscheint in dieser Perspektive eher als Repräsentant traditioneller Werte, als Gegner künstlerischer Autonomie. Zeitgenössische Kunst führt eine permanente "Querelle des Anciens et des Modernes", von der auch die Kirche betroffen ist.
Kunst - Vom Protest zur Unterhaltung?
Aus dem Trend zwischen beiden Befragungen wird ein weiteres bedenkenswertes Moment deutlich: die altersspezifische Umwertung des Kunstinteresses. 1977 ließ sich das Kunstinteresse noch in zwei große Gruppen teilen: die 14-49jährigen mit überdurchschnittlichem Kunstinteresse (49%-51%) und die über 50jährigen mit stark unterdurchschnittlichem Interesse für bildende Kunst (24%-34%). Diese Verteilung entsprach konventionellen Erwartungen und kann mit Spätwirkungen nationalsozialistischer Kunstpolitik erklärt werden. Während sich große Teile der über 50jährigen von Kunst fernhielten, diente sie den Jüngeren als "politischer Modernisierungsnachweis"[12]. 1986 finden wir eine ganz andere Situation vor: die über 65jährigen, die Rentner und die Verwitwet/ Geschiedenen, die 1977 noch am Schluß der Tabelle standen, haben nun die Kunst entdeckt, sie weisen gegen den allgemeinen Trend eine starke Zunahme ihres Kunstinteresses auf. Umgekehrt läßt sich bei der jüngsten Bevölkerungsgruppe, den 14-19jährigen, fast eine Halbierung des Kunstinteresses feststellen (von 51% auf 27%); sie sind (hoch korrelierend mit den Ledigen und den in Ausbildung Befindlichen) die Gruppe mit den größten Einbußen.[13] Offensichtlich hat die bildende Kunst für Jüngere entschieden an Attraktivität eingebüßt, vielleicht sind auch im Medien-Zeitalter andere Kulturbereiche an ihre Stelle getreten. Jedenfalls hat die lang gepflegte Strategie kultureller Vermittlung im Sinne der Öffnung der Kunstmuseen und der Steigerung der Besucherzahlen eine eher paradoxe Wirkung erzielt: indem sie Kunst freizeitpolitisch aufwertet, kann sie zwar neue Kreise ansprechen, nivelliert aber zugleich eine andere Funktion der Kunst, die kritische, ihre Protestfunktion; es scheint, daß "das Kunstwerk an politischer Signalwirkung verliert"[14]. Hatten die Jüngeren 1977 in der Zuwendung zur modernen Kunst noch etwas von ihrer Identität ausdrücken können, so wird im Zuge fortschreitender kulturindustrieller Vermarktung Kunst zum Medium bloßer Unterhaltung.
Schlußfolgerungen
Mit den vier skizzierten Beobachtungen (dem verbreiteten Desinteresse an bildender Kunst, ihrer schichtspezifischen Wahrnehmung, dem Kulturdilemma und der fortschreitenden Tendenz zur kulturindustriellen Vereinnahmung) müssen sich die Kirchen gerade dann auseinandersetzen, wenn sie für sich die Frage der Beschäftigung mit bildender Kunst bereits positiv beantwortet haben. Einmal angenommen, die eingangs beschriebene Situation der ästhetischen Aufbruchsstimmung träfe zu und Theologie und Kirchen würden Ästhetik und Kunst als Korrektiv gegenüber einer in Rationalismus und Wortfetischismus zu erstarren drohenden Religion ansehen, blieben die beobachteten Schwierigkeiten bestehen. Was ich sagen will, ist folgendes: bei aller notwendigen Öffnung zur Kunstvermittlung ist noch nicht entschieden, wem hier Kunst vermittelt werden soll, was als Kunst vermittelt werden soll und welche Funktion Kunst dabei übernehmen soll. Wollen die Kirchen sich der bildenden Kunst öffnen, dürfen sie kein Abziehbild der kulturell ambitionierten Gesellschaft produzieren, sie müssen ihr Eigenes einbringen. Freilich nicht im immer schon geübten, regressiven Sinn der Reduktion auf religiöse Fragestellungen, sondern im offensiven Zugehen auf die kulturell Ausgeschlossenen! Öffnung der Kirchen für Ästhetik und Kunst kann nicht bedingungslose Teilhabe am herrschenden Geschmack heißen. Die Kirchen müssen dem verbreiteten Desinteresse entgegenarbeiten und zwar gerade nicht im Sinn der weiteren freizeitpolitischen Aufwertung der Künste, sondern in der Vermittlung der Einsicht, daß Kunst "sich als reines Spiel auf Erlösung" (Karl Barth) bezieht, daß die Wahrnehmung der Kunst zugleich Wahrnehmung der Relativität der Welt ist. Die Kirchen müßten das Risiko des Kulturdilemmas auf sich nehmen, denn die Wahr-Nehmung bildender Kunst in den Kirchen ist auch ein Beitrag zur religiösen Autonomie, zur Relativierung absoluter Geltungsansprüche durch die Kirchen. "Die zu erledigende Aufgabe hieße, das Konzept einer ästhetischen Theologie, einer Theologie im Widerstreit zu entwickeln, die nicht eine Theologie der Gefangenschaft in alter Bildung, sondern der Singularitäten, Intensitäten und des guten Widerspruchs ist."[15]
- EMNID-Informationen, Bielefeld, Nr. 6 - 1977, S. 11f. (Tab. A10 - A18) und Nr. 8/9 - 1986, S. 21f. (Tab. A63 - A77). Die Fragen lauten: "Wenn Sie einmal ganz allgemein an Kunst denken, egal, ob es sich dabei um Malerei handelt, um Graphiken oder Bildhauerei usw., haben Sie dann ein Interesse an der Kunst oder interessiert sie das weniger?" - "Haben Sie in Ihrer Wohnung einen Kunstgegenstand im Original, ganz egal, von welchem Künstler oder Hobbymaler es hergestellt wurde? Dabei kann es sich um ein Bild handeln, eine Graphik oder eine Skulptur usw. Aber es muß das Original sein und keine Nachbildung." - "Kunst ist heutzutage ja recht teuer, wären Sie bereit, für einen Kunstgegenstand (Bild, Graphik, Plastik usw.) mehr als 500,- (1977: 300,-) DM auszugeben?"
- vgl. H. Hoffrichter, Ein Besuchermarketing für neue Besucherschichten, Kunstforum 110, S. 124ff. Er hebt hervor, daß "die ansteigenden Zahlen zunächst einmal lediglich einen Anstieg der Besuchsfälle und nicht der Besucher indizieren. Sie dürften in erster Linie eine erhöhte Besuchshäufigkeit von Ausstellungen und Museen des angestammten Publikums anzeigen."
- vgl. P. Bourdieu, Die feinen Unterschiede, Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, Frankfurt 1982.
- vgl. J. Blasius, J. Winkler, Gibt es die "feinen Unterschiede"? Eine empirische Überprüfung der Bourdieuschen Theorie, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 41, 1989, S. 72-94.
- Eine Einschränkung bezieht sich auf die Tatsache, daß Kunstinteresse wie Kunstbesitz sich als kaum vom Einkommen abhängig erweisen; nur beim Kunstkaufinteresse findet sich etwas von der erwarteten Differenzierung. Schon Bourdieu vermutete, daß das Kunstinteresse stärker durch das kulturelle Kapital geprägt sein dürfte; vgl. Bourdieu, a.a.O., S. 417 (Anm. 10).
- 1977 gehörten auch die Rentner zu dieser Gruppe, die aber jetzt ein deutlich gestiegenes Interesse zeigen.
- vgl. Blasius/Winkler, Gibt es die feinen Unterschiede?, a.a.O., S. 74.
- vgl. Verf., Der Heidelberger Bilderstreit. Ein bürgerliches Trauerspiel in fünf Akten; in: Kirche und moderne Kunst, hg. von A. Mertin und H. Schwebel, Frankfurt 1988, S. 99-112.
- Die Mitglieder der Großkirchen prägen allein schon durch ihre Menge das Erscheinungsbild jeder Befragung.
- vgl. K.-Fr. Daiber, Religiöse Orientierungen und Kirchenmitgliedschaft in der Bundesrepublik Deutschland; Gegenwartskunde Sh 5/88 (Religion, Kirchen und Gesellschaft in Deutschland), S. 61-74.
- vgl. Was wird aus der Kirche? Ergebnisse der zweiten EKD-Umfrage über Kirchenmitgliedschaft, hg. von J. Hanselmann, H. Hild und E. Lohse, Gütersloh 3/1985.
- vgl. W. Grasskamp, Die unbewältigte Moderne. Kunst und Öffentlichkeit, München 1989, S. 136f.
- Die Wähler der F.D.P., die ähnlich große Einbußen zeigen, bilden einen Sonderfall. Hier spielt die veränderte Zusammensetzung der Wählerschaft nach der "Wende" eine Rolle.
- Grasskamp, a.a.O., S. 144. Vgl. ders., Museumsgründer und Museumsstürmer. Zur Sozialgeschichte des Kunstmuseums, München 1981, insbes. S. 85ff.
- B. Nebling; zit. nach: Bilder und ihre Macht. Zum Verhältnis von Kunst und christlicher Religion, hg. von H. Schwebel und A. Mertin, Stuttgart 1989, S. 12.
Zuletzt bearbeitet 20.08.2009
© Andreas Mertin
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